Veranstaltung: | Tagung BAG Frieden & Internationales | 26. - 28. August 2022 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 10 Antragsberatungen |
Status: | Beschluss |
Abstimmungsergebnis: | Ja: 22, Nein: 0, Enthaltungen: 0 |
Beschluss durch: | Andreas Meinicke, Sava Stomporowski, Sonja Schiffers, Holger Haugk |
Eingereicht: | 28.08.2022, 12:53 |
Antragshistorie: | Version 1 |
EU-Kandidatenstatus für Bosnien-Herzegowina
Beschlusstext
Beim diesjährigen Westbalkan-Gipfel am 23.6.22 in Brüssel wurde u.a. Bosnien-
Herzegowina der EU-Kandidatenstatus kurzfristig in Aussicht gestellt, wenn das
Land zügig die Wahl- und Verfassungsreform in Angriff nimmt. Damit wurde bewusst
von der bisherigen Reformprioritätenliste der EU zur Erreichung des
Kandidatenstatus für Bosnien-Herzegowina abgewichen, um wie auch im Fall der
Ukraine und Republik Moldau, für die der Kandidatenstatus beim letzten EU-Gipfel
bereits beschlossen wurde, ein politisches Signal zu setzen. Damit soll neuer
Schwung in den EU-Erweiterungsprozess für das Land kommen, was u.a. auch durch
den Antrittsbesuch unserer Außenministerin in Sarajewo gleich zu Beginn ihrer
Amtszeit sowie der Einsetzung von Manuel Sarrazin als Sonderbeauftragten der
Bundesregierung für den Westbalkan bereits zum Ausdruck kam.
Insbesondere das ethno-nationalistische Agieren von Politikern wie Milorad
Dodik, Bakir Izetbegovic oder Dragan Covic ist darauf angelegt, den Staat
Bosnien-Herzegowina als Heimat einer vielfältigen Bevölkerung zu zerstören. Eine
zügige Verleihung des Kandidatenstatus für das Land könnte dem entgegenwirken.
Dennoch bleibt der Reformprozess in Bosnien-Herzegowina notwendig. Die 14 Punkte
aus dem europäischen Avis (Stellungnahme der Europäischen Kommission) wurden
bislang zu wenig angegangen. Unsere Hoffnung ist es, dass wir einen neuen
demokratischen Anstoß für die EU-Integration geben. Auch vor dem Hintergrund,
dass Teile der jungen Bevölkerung dem Land seit Jahren den Rücken kehren, 2021
alleine zwischen 100.000 und 170.000 Bosnier*innen, scheint Eile geboten, um der
jungen Bevölkerung in ihrer Heimat eine Perspektive zu bieten. Nur gemeinsam mit
der Europäischen Union wird es möglich sein, die Lebensstandards im Land zu
verbessern und Antworten auf dringende umweltpolitische und soziale Fragen zu
finden.
Trotzdem sollte die Verleihung des Kandidatenstatus nicht bedingungslos
erfolgen. Während die Bürger*innen von Bosnien-Herzegowina ein Zeichen der
Hoffnung brauchen, käme eine bedingungslose Förderung des Beitrittsprozesses zu
diesem Zeitpunkt einer Belohnung für die ethnonationalistischen Parteien an der
Macht gleich, die diesen Schritt als Zeichen der Zustimmung der EU zu ihrer
Politik verkaufen würden. Daher unterstützen wir Initiativen wie den
Bürger*innen Rat, die sich der Aufgabe stellen, eine neue demokratische Struktur
aufzubauen. Das zivilgesellschaftliche Engagement der Bürger*innen und
Expert*innen für eine Verfassung unterstützen wir.
Wir fordern daher die Bundestagsfraktion auf, sich bei der Bundesregierung und
der EU-Kommission dafür einzusetzen, Bosnien-Herzegowina den Kandidatenstatus
zügig zu verleihen, wenn die dortigen Regierungsparteien folgende Bedingungen
erfüllen:
- die kurzfristige Rücknahme aller von Dodik vorgelegten sezessionistischen
Gesetze
- die Verabschiedung erster Anti-Korruptionsgesetze sowie
- die Abhaltung freier und fairer Wahlen im Oktober einschließlich der
Umsetzung der Wahlergebnisse
Daher begrüßen wir den Antrag des Deutschen Bundestages (Bosnien und Herzegowina
beim Aufbruch in eine bessere Zukunft unterstützen, DS 20/2035) und fordern die
Bundestagsfraktion auf, sich weiterhin bei der Bundesregierung und der EU-
Kommission dafür einzusetzen, nur Reformvorschläge zu unterstützen, die ein
liberal-demokratisch verfasstes Bosnien-Herzegowina zum Ziel haben und die
ethnisch-nationalistische Spaltung überwinden. Von der internationalen
Gemeinschaft angestrebte Reformvorhaben müssen transparent und öffentlich
nachvollziehbar gestaltet werden. Für diese Prozesse ist es unabdingbar,
bürgerliche und zivilgesellschaftliche Akteur*innen eine zentrale Stellung zu
geben.
Daher muss Bosnien-Herzegowina zur Verleihung des Kandidatenstatus sowohl
bilateral als auch durch die EU, die Unterstützung bekommen, um diese Ziele zu
erreichen.
Bei der Beschlussfassung am 28.08.2022 waren folgende Delegationen anwesend:
- Landtagsfraktion Bayern
- Grüne Jugend
- Landesverband Baden-Württemberg
- Landesverband Bayern
- Landesverband Berlin
- Landesverband Bremen
- Landesverband Hamburg
- Landesverband Hessen
- Landesverband Niedersachsen
- Landesverband Nordrhein-Westfalen
- Landesverband Rheinland-Pfalz
- Landesverband Sachsen
- Landesverband Sachsen-Anhalt
- Landesverband Schleswig-Holstein