Veranstaltung: | Tagung BAG Frieden & Internationales I 22.09.2024 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 2 Antragsberatungen |
Antragsteller*in: | Sava Stomporowski |
Status: | Angenommen |
Abstimmungsergebnis: | Ja: 21, Nein: 0, Enthaltungen: 6 |
Antragshistorie: | Version 2 |
A7NEU: Lithium in Serbien und in der Republika Srpska - Bosnien und Herzegowina
Antragstext
Im serbischen Jadartal und sowie in Vares, der der Entität der Republika Srpska
von Bosnien und Herzegowina befindet sich ein großes zusammenhängendes Vorkommen
von Lithium. Im Jadar-Tal beträgt die Kapazität 58.000 Tonnen Lithiumcarbonat
pro Jahr, was für eine Million E-Autos reichen würde. Serbien könnte einen
wichtigen Beitrag dazu leisten, den Kontinent von Lithium-Importen, die von
entscheidender Bedeutung für die Energiewende sind, unabhängiger zu machen.
Der Abbau im Tagebau und die Weiterverarbeitung Seltener Erden bergen Risiken
für Mensch und Natur, sodass es Sorgen vor Umweltschäden sowie Auswirkungen auf
die Gesundheit mit großen Protestbewegungen in beiden Ländern gibt. Viele
Betroffene fürchten eine Verseuchung des Grundwassers oder der Flüsse sowie der
Flora und Fauna. Auch wird in den Regionen Landwirtschaft, wie Obst- oder
Gemüseanbau betrieben. In der Bevölkerung beider Staaten gibt es daher jeweils
große Protestbewegungen und Umweltschutzinitiativen.
Die Sorgen sind vor dem Hintergrund berechtigt, dass in Serbien das Stahlwerk in
Smederevo, die Minen in Bor und Majdanpek oder das Reifenwerk in Zrenjanin ohne
Auflagen arbeiten können. Arbeits- und Umweltstandards werden nicht eingehalten,
nicht einmal die serbischen, da z.B. chinesische Arbeiter rechtlos angeheuert
und unter unmenschlichen Bedingungen untergebracht werden. Die Luftverschmutzung
liegt über den zugelassenen Werten. In Zrenjanin kann man das Trinkwasser nicht
mehr nutzen, da es gesundheitsschädlich ist. Studien aus Bor zeigen, dass die
Lebenserwartung zehn Jahre unter dem serbischen Durchschnitt liegt und ein
Viertel der Bevölkerung unter Krankheiten leidet, die direkt mit der Mine
zusammenhängen (vgl. Florian Bieber, "Pulverfass Balkan", S. 201).
Die Entscheidung, ob Lithium oder seltene Erden in Staaten abgebaut werden,
obliegt den jeweiligen Staaten. Die Europäische Union hat jedoch wiederholt ihr
Interesse an den Lithiumvorkommen bekundet und Bundeskanzler Olaf Scholz sowie
der Vizepräsident der Europäischen Union für Energie haben mittlerweile ein
Abkommen über den Abbau von Lithiumvorkommen unterzeichnet.
Ein wichtiger Aspekt des Ausbaus der erneuerbaren Energien ist, dass wir uns in
Deutschland sowie in der EU von Autokraten unabhängig machen wollen, die fossile
Energien exportieren. Leider stehen die erforderlichen Ressourcen in
demokratischen Staaten nicht ausreichend zur Verfügung. Daher können wir in der
Energiepolitik nur eine Strategie der Diversifizierung, nicht aber der
kompletten Unabhängigkeit von Autokratien fahren.
Auch der politische Aspekt der antieuropäischen Stimmung in Serbien ist zu
berücksichtigen. Das interessengeleitete Paktieren mit dem Regime schadet dem
Vertrauen in die EU und Deutschland weiter und wirft einen dunklen Schatten auf
die Idee einer wertebasierten Außen- und Wirtschaftspolitik. Es schwächt damit
auch die Position der pro-europäischen politischen Kräfte in Serbien,
einschließlich der Zeleno-levi front als Kandidatin für die Mitgliedschaft in
der Europäischen Grünen Partei.
Als Grüne setzen wir uns daher dafür ein, dass mögliche Fördergelder für den
Lithiumabbau nur bei transparenten Verfahren unter fairer Anhörung und
Beteiligung der betroffenen Bürger*innen, unter Ausschluss von Korruption und
strengen Vergabeprüfungen sowie unter strengen Umweltstandards zum Schutz der
Natur und des Grundwassers sowie Gesundheit der Bevölkerung zugelassen werden.
Giftige Stoffe dürfen nicht in die Flüsse, das Grundwasser und den Boden gelangt
oder die Gesundheit von Menschen belasten. Als Grundlage sollte die Berner
Konvention dienen - kein Abbau in geschützten Gebieten.
Zugleich sollten wir im Rahmen der EU auf Serbiens Umweltschutz- und
Klimapolitik einwirken, um die Umwelt- und Gesundheitsbelastung generell zu
senken, die jeweiligen Schutzstandards an strenge Normen anzupassen und
einzuhalten sowie bisherige Altlasten abzubauen.
Angesichts des Fehlens von Institutionen, die die Überwachung und Einhaltung von
Umweltstandards in Serbien garantieren, bestehen wir gleichzeitig konsequent auf
die Durchsetzung von Rechtsstaatlichkeit und Transparenz der Institutionen in
Serbien.
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