Begründung folgt
Antrag: | Rüstungsindustrie an sicherheitspolitische Aufgaben und Herausforderungen anpassen |
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Antragsteller*in: | Tobias Balke |
Status: | Abgelehnt |
Abstimmungsergebnis: | Ja: 0, Nein: 20, Enthaltungen: 4 |
Eingereicht: | 11.09.2024, 23:36 |
Antrag: | Rüstungsindustrie an sicherheitspolitische Aufgaben und Herausforderungen anpassen |
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Antragsteller*in: | Tobias Balke |
Status: | Abgelehnt |
Abstimmungsergebnis: | Ja: 0, Nein: 20, Enthaltungen: 4 |
Eingereicht: | 11.09.2024, 23:36 |
Europäische Nachrüstungspolitik
Angemessene Antwort auf die russischen Drohungen
Die Mitgliedsstaaten von Nato und EU müssen ihre Fähigkeit und ihre Bereitschaft zur Bündnisverteidigung glaubhaft machen - glaubhaft selbst für den ebenso skeptischen wie zynischen Blick des russischen Präsidenten. Unseren klaren und entschiedenen Worten müssen konsequente Taten folgen. Wir brauchen überzeugende Abschreckung durch Tatsachen - Tatsachen, die hinreichend deutlich machen, dass „der Westen“ den angedrohten Krieg tatsächlich führen könnte und zwar mit guten Aussichten auf militärischen Erfolg.
Die europäischen Staaten sollten der Gefahr vorbeugen, bereits in fünf bis sieben Jahren einen russischer Überfall auf EU-Staaten kontern und dann u.u. jahrelang einen konventionellen „Abnutzungskrieg“ aushalten und führen zu müssen.
Insofern ähnelt die Lage – leider! - der im Kalten Krieg: unsere militärische Sicherheit beruht in Europa bis auf weiteres auf der Abschreckung eines starken und zur hybriden Kriegsvorbereitung fähigen Gegners.
Putins völkerrechtswidriger Angriffskrieg zwingt uns zurück in die System-Konfrontation. Wir übernehmen wieder das „Eindämmen“. Aber natürlich nicht, um darin auf unbestimmte Zeit zu verharren und uns darin womöglich „häuslich einzuigeln“. Das wäre auf die Dauer weder ökologisch noch friedenspolitisch möglich. Es ist aber auch nicht nötig. Das zur Verteidigung entschlossene Europa kann aussenpolitisch Schwung holen. Zunächst, um den USA beim Regenerieren ihrer freiheitlichen Demokratie behilflich zu sein. Dann, mit vereinten Kräften, kann und soll „der Westen“ für die Neubegründung einer gut funktionierenden Weltfriedensordnung arbeiten. Es geht erst einmal darum, den autoritären Weltmächten durch Festigkeit das Illusorische ihrer Weltbeherrschungsphantasien klar zu machen. Sobald das gelungen ist, sollen durchdachte, grosszügige Angebote zur weltweiten Abrüstung und Entspannung folgen.
Um nicht selbst in eine Notwehrlage zu kommen, müssen wir der Ukraine Nothilfe leisten. Wir arbeiten angespannt, um nicht den Spannungsfall eintreten zu lassen.
Unsere Planungen sollten auch für sehr ungünstige, aber real mögliche Entwicklungen Vorsorge treffen. Besonders dann, wenn ein wiedergewählter Trump wieder US-Garantien für wirksamen Nato-Beistand in Frage stellt, steigt das Risiko. Europäische Staaten sollten sich vorsorglich in die Lage versetzen, notfalls, bei einem vollständigem Ausfall der US-Unterstützung für die Ukraine, kurzfristig selbst mit Äquivalenten für ausfallende US-Lieferungen einspringen zu können.
Europäische Rüstungskapazitäten sollten dies jahrelang leisten und gleichzeitig den europäischen Staaten die eigene, nun leider notwendige Nachrüstung ermöglichen. Waffen und Munition, Fahrzeuge und Ersatzteile müssen hergestellt und gelagert werden.
Europäisierung der Rüstungsindustrie
Um diese keineswegs einfache Aufgabe zu schaffen, brauchen wir eine schnelle Weiterentwicklung der Rüstungsunternehmen. Wir wollen sie als Europäisierung der Rüstungsindustrie mit einer Nivellierung nach oben angehen. Es gilt, Fähigkeiten zu sammeln und zu bündeln, nicht mehr vor allem „industriepolitisch“ bzw. an Wahlkreisen orientiert, sondern die Leistungsfähigkeit optimierend. Die europäisch koordinierte Rüstungsindustrie soll primär für den Eigenbedarf der EU-Länder, unserer Nato-Verbündeten und weiterer Wertepartner*innen entwickeln und produzieren. Nicht mehr der stark fluktuierende Bedarf einzelner Nationalstaaten, sondern der sinnvoll zusammengefasste und gemeinsam mit weitem Zeithorizont vorausschauend geplante Gesamt-Bedarf des „Werte-Westens“ soll Planungsgrundlage werden. Sie soll ökonomisch möglichst unabhängig von Exporten in andere Länder sein, damit Rüstungsprodukte möglichst gezielt als Instrument globaler Bündnispolitik einzusetzen sind.
Standortentscheidungen sollten in Zukunft auf EU-Ebene und dadurch möglichst unabhängig von nationalstaatlichen Interessen und Eitelkeiten getroffen werden. In diese Richtung sollten sich die EU-Mitgliedsstaaten möglichst bald mit möglichst grossen Schritten auf den Weg machen.
Wir wollen eine ergebnisoffene Prüfung, ob Rüstungsbetriebe in staatliches und/oder EU-Eigentum zu überführen sind. Als mögliche Vorteile sehen wir
- das grosse Problem, dass Kapazitäten und Produktentwicklungen meist erst bei die betriebswirtschaftliche Rentabilität sichernden Aufträgen ausgebaut werden, würde beseitigt; ein unternehmensübergreifend und langfristig geplanter, zuverlässig bedarfsdeckender Ausbau würde es leichter machen, alles Erforderliche rechtzeitig in der benötigten Qualitäten und Mengen herzustellen und bereitzustellen.
- der von interessierter Seite ständig weiter kolportierte Verdächtigung, die Nachrüstung diene zuerst und vor allem „Profitinteressen“, Regierung und Regierungsparteien seien der Rüstungslobby hörig usw. usw. würde der Boden entzogen, sobald Gewinne nicht mehr in Aktionär*innenhänden verschwinden, sondern dem Bund bzw. der EU zur Verfügung stehen.
Wir wollen auch eine ergebnisoffene Prüfung, ob es mindestens für Krisenlagen sinnvoll und erforderlich werden kann, Unternehmen zur Übernahme von Produktionen und/oder zum Überlassen von Fachkräften zu verpflichten.
Als möglichen Vorteil sehen wir die Option, dringenden Zusatzbedarf schnell decken zu können.
Finanzierung:
Die „Friedensdividende“ ist aufgezehrt und fällt über eine Reihe von Jahren leider aus. Es gibt nun einen erheblichen Nachholbedarf. Er muss gedeckt werden. Vergleichbare militärische Aufgaben wie im Kalten Krieg können einen vergleichbaren Anteil am Bruttosozialprodukt europäischer Staaten erfordern.
An sich ist das kein unlösbares Problem, nur müssen wir uns zur Lösung erst mal durchringen. Dafür wären auch grossformatige Kreditaufnahmen völlig legitim, denn der Beistand für die Ukraine und die europäische Nachrüstung decken einen unabweisbaren Bedarf und sind Investitionen in die Wiederherstellung und Erhaltung des Friedens. Aber noch besser als eine Reform der Schuldenbremse ist eine kräftige Steigerung der Staatseinnahmen und ein Ende der sozial und ökologisch schädlichen Subventionen. Das ist den Millionen finanziell Starken auch ohne weiteres zuzumuten. Wie fügen hinzu: Steuerzahlen ist immer Pflicht, es begründet keine Sonderansprüche und es gibt auch kein Eigentumsrecht an Steuerbefreiungen.
Begründung folgt
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