Veranstaltung: | Tagung BAG Frieden & Internationales I 03. - 05.05.2024 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 7 Antragsberatungen |
Antragsteller*in: | Radosawa Stomporowski |
Status: | Überweisung (AG Bundeswehr) |
Verfahrensvorschlag: | Weiterleiten an: AG Bundeswehr, um Antrag in die Kernpunkte zu zerlegen und sich mit diesen einzeln und spezifisch mit Ziel der programmatischen Weiterentwicklung auseinanderzusetzen. |
Eingereicht: | 12.04.2024, 23:40 |
A4: Eine neue Rüstungspolitik in Deutschland: Maßnahmen, um die Versorgung der Streitkräfte zu gewährleisten
Antragstext
Die Möglichkeit eines Sieges von Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen
im November geben Anlass zur Sorge bezüglich der Stabilität der
Sicherheitsgarantien der USA. In dieser Situation ist ein Umdenken erforderlich,
das auch in der Rüstungsindustrie relevant ist. Deutschland, Europa und der Rest
der Welt wird von einem Paradigmenwechsel im Rüstungssektor betroffen sein.
Dabei gibt es eine erhebliche Diskrepanz zwischen Deutschlands militärischen
Aufgaben und Herausforderungen sowie seiner industriellen Fähigkeit. Diese
Diskrepanz muss die Politik durch eine gezielte Entwicklung der industriellen
Landschaft in Übereinstimmung mit nationalen Zielen neu bestimmen. Dabei muss
die Bundesregierung drei Schwerpunkte im Blick haben: 1.) die Ziele zu
identifizieren und im Vergleich zu anderen priorisieren, 2.) die Instrumente der
Industrie-, Kooperations- und Exportpolitik zentral zu koordinieren und steuern,
und 3.) dafür ausreichende Ressourcen zur Verfügung zu stellen.
Der Staat zeigt sich aufgrund seiner mangelnden Ressourcen als unzuverlässiger
Partner für die Wirtschaft der Rüstungsindustrie. Obwohl wir einen Mangel in
vielen Bereichen haben, ist der Verteidigungsetat im laufenden Haushaltsjahr
bereits überfüllt und neue Vereinbarungen mit der Branche nicht mehr möglich. Da
die Industrie aus eigenen wirtschaftlichen die staatlichen Planungen
antizipieren muss und nicht auf Vorrat produzieren darf, werden Arbeitskräfte
und andere Produktionsmittel nicht ausgebaut. So schafft der Staat falsche
Signale: die Industrie wird weiterhin nicht im erforderlichen Umfang
produzieren, es werden nicht genutzte Lieferketten zusammenbrechen,
Preisangebote verfallen und Produktionsanlagen stillgelegt oder für andere
Kunden genutzt. Das kann sich die Bundesrepublik Deutschland nicht leisten.
In den kommenden zehn Jahren wird festgelegt, wie viele grundlegende
Veränderungen durchgeführt werden müssen, um die Sicherheit Deutschlands zu
gewährleisten und die deutsche Rüstungsindustrie zu stärken. Die deutsche
Sicherheitspolitik muss daher insgesamt dringend verbessert werden. Wir schlagen
vor, dass die Bundesregierung gemeinsam mit den Landesregierungen und den
Parlamenten eine sicherheitspolitische Dekade ausruft um einen neuen
sicherheitspolitischen Rahmen zu schaffen, um Deutschland auf mögliche
geopolitische Konflikte vorzubereiten. Wir brauchen einen strategischen und
zeitlichen Rahmen, um unsere Verteidigungsfähigkeit sowie die erforderliche
Unterstützung der Ukraine neu zu bestimmen. Eine strategische Einbindung der
Ministerien, Parlamente, des Rechnungshofes und Expert*innen würde die Aufgaben
in der gemeinsamen Perspektive Ausgaben des Staates betrachten und bewerten und
über die Legislaturperiode hinaus erweitern.
Die Schwierigkeiten im Verteidigungsbudget symbolisieren eine strukturelle
Unterfinanzierung - ein Programm zur Investition in die Sicherheit Deutschlands
ist notwendig
Staat und Rüstungsindustrie benötigen dafür einen Rechtsrahmen, der
Rechtssicherheit im Graubereich zwischen Krieg und Frieden schafft und den
Zugang zu Ressourcen erleichtert. Es ist wichtig, dass die Herstellung von
Rüstungen in Deutschland und anderen Ländern angemessen gestaltet, skalierbar
und zeitlich begrenzt ist. Es ist auch ratsam, dass EU-Regulierungen wie REACH
und ESG entweder generelle Ausnahmen oder längere Anwendungsfristen haben.
Vorbilder sind das Defense Production Act der USA oder die strategischen
Partnerschaften mit der Industrie Finnlands. Falls Deutschland ähnliche
Maßnahmen ergreifen würde, würde dies auch in Richtung Moskau ein bedeutendes
Signal darstellen.
Integrierte Steuerung: Um ihre Möglichkeiten voll auszuschöpfen, muss der Staat
die Instrumente der Industrie-, Kooperations- und Exportpolitik miteinander
verzahnen und zentral steuern. Das Parlament muss dabei die Kontrolle behalten.
Der Staat sollte bei der Ausstattung der Bundeswehr auf erfahrene Systeme
zurückgreifen, die schnell in großen Mengen hergestellt werden können.
Normalerweise sind die technologischen Fähigkeiten bereits vorhandener
Waffensysteme ausreichend, um gegen ein Land wie Russland zu bestehen. Trotzdem
ist es möglich und erforderlich, sie schrittweise zu verbessern. Im Kontext
einer GASP wäre die EU sinnvoll einzubinden, da sie derzeit nur eine begrenzte
Rolle in der Neugestaltung des Rüstungssektors spielt. Sie kann beispielsweise
NATO-Planungsprioritäten übernehmen oder die Harmonisierung der Anforderungen
erleichtern.
Wenn Deutschland seine Rüstungsindustrie durch die vorgeschlagenen Reformen
ertüchtigt, erschließt es sich auch auf dem Weltmarkt neue Chancen. Eine
stärkere Position auf dem globalen Markt könnte es Deutschland ermöglichen,
weitere Staaten in das deutsche und westliche Industriesystem einzubinden oder
der deutschen Industrie durch den Verkauf von Rüstungsgütern zusätzliche
Finanzierungsmöglichkeiten für den angestrebten Kapazitätsausbau zu verschaffen.
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