Antrag: | Frieden und Freiheit für Israel und Palästina |
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Antragsteller*in: | David Baltzer |
Status: | Zurückgezogen |
Eingereicht: | 14.02.2024, 22:44 |
Ä3 zu A4ALT: Frieden und Freiheit für Israel und Palästina
Antragstext
Der nachfolgende Text bezieht sich u.a. maßgeblich auf den BDK-Beschluss von Karlsruhe und unterstützt dessen Forderungen.
Das Recht Israels zur Selbstverteidigung
Der Überfall der Hamas vom 7. Oktober war der blutigste Angriff auf Jüdinnen und Juden seit Gründung des Staates Israel. Solidarität mit Israel, dem Land, das gegründet wurde, um jüdischen Menschen Schutz zu bieten, ist die Grundhaltung und seine Sicherheit Staatsziel der Bundesrepublik Deutschland und ein Eckpfeiler seiner Außenpolitik. Die dauerhafte Verantwortung des deutschen Staates für die ungeheuren Verbrechen des nationalsozialistischen Deutschlands begründet diese Entscheidung. Wir verurteilen den fortgesetzten Missbrauch der palästinensischen Bevölkerung als menschliche Schutzschilde durch die Hamas. Auch fordern wir die Hamas auf den Beschuss Israels sofort und bedingungslos einzustellen, sowie die Geiseln unverzüglich freizulassen. Israel hat wie jeder Staat das „naturgegebene Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung“ (Charta der Vereinten Nationen, Artikel 51). Dieses Recht kann und soll Israel wahrnehmen, um alle Menschen auf seinem Staatsgebiet vor Terror zu schützen. Der Gegenangriff auf die Hamas in Gaza nach dem 7. Oktober ist gerechtfertigt. Ebenso das Kriegsziel, der Hamas für möglichst lange Zeit die Möglichkeit zu solchen mörderischen Angriffen zu nehmen.
Israels Verpflichtungen im Krieg
Israel muss sich dabei zugleich an das Kriegsvölkerrecht halten. Die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Vermeidung ziviler Opfer und der Führung eines Krieges mit der Aussicht auf künftigen Frieden müssen dabei leitend sein. Der Schutz ganz besonders von Kindern ist zentrale Verpflichtung. Die Sicherheitsrats-Resolution 2712 vom 15. 11.2023 fordert das ein. Israel soll sie unverzüglich, konsequent und dauerhaft umsetzen, genauso die Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs vom 26.1.2024 und mindestens für eine dichte Folge vollständiger, längerer Feuerpausen sorgen. Die Notleidenden in Gaza müssen unverzüglich Zugang zu sauberem Wasser, hygienischen Strukturen, Nahrung, Medikamente, Strom und allen übrigen lebensnotwendigen Hilfsgüter erhalten. Gaza benötigt eine voll funktionsfähige medizinische Infrastruktur, die die Kriegsverletzten ebenso wie die übrigen Kranken gut versorgen kann. Die Einrichtungen der Vereinten Nationen und helfender Nichtregierungsorganisationen müssen vor weiterer Zerstörung geschützt, repariert und funktionsfähig erhalten werden. Die Bevölkerung soll wieder Zutritt in die bereits militärisch gesicherten Gebiete erhalten und braucht dort substanzielle Hilfe beim Wiederaufbau. Um dies nachhaltig zu gewährleisten muss mit Friedensverhandlungen und einem Waffenstillstand begonnen werden.
Hilfe für die Menschen in Gaza ist unverzichtbar
Der Krieg ist für Gaza eine humanitäre Katastrophe, die palästinensische Zivilbevölkerung leidet sehr. Annähernd 30 Tausend Menschen sind bereits an den Folgen des israelischen Militäreinsatzes gestorben. Grosse Teile der Bevölkerung sind Flüchtlinge im eigenen Land und inzwischen obdachlos. Bis zu 70 % der Häuser sind zerstört. Hunderttausende haben Familienmitglieder verloren und befinden sich in steter Lebensgefahr. Dieses Leid macht uns tief betroffen. Wir danken allen, die unter schwierigsten Umständen und ihr eigenes Leben riskierend Menschen in Not mit dem Nötigsten versorgen. Wir stehen an der Seite aller Kriegsopfer sowie den traumatisierten Gemeinschaften. Wir lehnen alle völkerrechtswidrigen Maßnahmen ab, besonders den immer weiter fortschreitenden Siedlungsbau und jeden Versuch, besetzte Gebiete zu annektieren. Wir verweisen auf die Anordnung des IGH (26.01.2024) im Rechtsschutzverfahren Südafrikas vs Israel, das Israel verpflichtet die Bevölkerung Gaza humanitär ausreichend zu unterstützen. Beide Seiten müssen sich an das humanitäre Völkerrecht halten. Wir wollen weiterhin mit allen Kräften in Israel und Palästina solidarisch zusammenarbeiten, die sich gewaltfrei für die Einhaltung der Menschenrechte, gegen eine Spaltung der israelischen Gesellschaft, gegen die anhaltende Unterdrückung in der palästinensischen Gesellschaft, gegen eine Fortdauer der Besatzung und für einen gerechten und dauerhaften Frieden einsetzen.
Kriegsziel: Völlige Vernichtung der Hamas - was wird aus Gaza
Die ersten 140 Tage Krieg haben gezeigt, dass Netanjahu das Kriegsziel, "die Hamas vollständig zu zerstören" nicht erreichen kann. Es droht ein Krieg auf unabsehbare Zeit, der unter Umständen auch auf die Nachbarländer übergreift. Selbst wenn an seinem Ende Tod oder Gefangennahme aller Kämpfer der Hamas und die Zerstörung sämtlicher militärischer Anlagen der Hamas stände: die Hamas-Führung wäre im sicheren Katar, ihr Renommee als Widerstandskämpfer bliebe bestehen. Fortgesetzte Gewalt würde es der Hamas leicht machen weitere Kämpfer zu werben, besonders unter den Opfern des jetzige Krieges. Dies würde nicht nur das Leben der Geiseln gefährden, sondern verringert weiter die Aussicht auf einen stabilen Frieden. Eine erneute militärische Besatzung des Gazastreifens oder eine dauerhafte militärische Kontrolle durch das israelische Militär aber, wie sie der israelische Ministerpräsident Netanjahu andeutet, würde nicht zu dauerhafter Sicherheit und Frieden, sondern zu anhaltenden Aufständen führen. Ebenso würde eine Vertreibung der Bewohner*Innen von Gaza in die Nachbarländer zu neuem Unrecht und weiterer Gewalt führen.
Wir verfolgen die Vorwürfe gegen das UN Hilfswerk UNRWA und begrüssen die bereits eingeleiteten Untersuchungen. Die Not in Gaza ist jedoch so gross und es sind vermutlich bald die ersten Hungertoten zu beklagen, dass es keine Zeit gibt ggf parallele Hilfsinfrastrukturen aufzubauen. Deshalb fordern wir die Bundesregierung und alle Länder, die ihre Hilfe zur Zeit gestoppt haben, auf, diese wieder aufzunehmen. Nach Beendigung der miltärischen Handlungen muss die UNRWA wie alle anderen Beteiligten mit daraufhin geprüft werden, ob und wie sie bei einem künftigen Friedensprozess beteiligt werden kann.
Wege aus der Gewaltspirale
Für ein Ende der Gewaltspirale braucht es anhaltende Waffenruhen und/oder einen Waffenstillstand die mit Friedensverhandlungen verknüpft sein müssen. Angesichts des gegenwärtig fehlenden politischen Willens auf israelischer und palästinensischer Seite für eine dauerhafte Friedenslösung ist jedoch eine aktive Rolle internationaler Akteure notwendig, um einen internationalen Prozess mit klarer Zielsetzung unter regionaler Beteiligung zu organisieren. Dieser Prozess muss aus den Fehlern des Oslo-Prozesses lernen und das Westjordanland und Ostjerusalem miteinschließen sowie den Wiederaufbau des Gazastreifens umfassen.
Frieden durch Einsatz der Vereinten Nationen
Militärische Maßnahmen sind auf Dauer immer kontraproduktiv. Für den Fall, dass die israelische Regierung sich weiterhin weigert, das kriegsvölkerrechtlich Gebotene zu tun, das Leben und die Gesundheit der nicht kämpfenden Gaza-Bewohner*innen wirksam zu schützen, muss von aussen reagiert werden. Es ist dann zu prüfen, ob der Abzug der israelischen Truppen aus Gaza zu fordern wäre. Einen gut abgesicherten und substantiellen Friedensprozess sehen wir am ehesten unter dem Dach der Vereinten Nationen. Sie wären nach Kapitel VII aufzufordern Blauhelmtruppen mit robustem Mandat zu entsenden. Diese müsste die Hamas und den Islamischen Dschihad im Gazastreifen entwaffnen und ihre Tunnelbauten und sonstigen militärischen Anlagen zerstören. Weder eine direkte Herrschaft Israels noch die Machtübernahme der Palästinensischen Autonomiebehörde, die in ihrem gegenwärtigen Zustand dafür weder qualifiziert noch legitimiert ist, würde den Menschen in Gaza helfen.
Was wirklich Frieden und Freiheit schaffen kann:
1. Verwaltung durch die UN Die Nachkriegsverwaltung des Gaza-Streifens soll direkt durch die Vereinten Nationen erfolgen. Die VN allein haben die Autorität, im Namen der Weltgemeinschaft das Leben im Gazastreifen solange zu regeln, bis die Palästinenser*innen dies als freie Bürger*innen eines souveränen Staates selbst tun können. VN-Friedenstruppen mit robustem Mandat sowie von den Vereinten Nationen entsandte Richter*innen, Staatsanwält*innen, Polizist*innen sowie Zivilverwaltende sollen die friedliche Entwicklung des Gazastreifens hin zu einer freiheitlichen Demokratie sichern und fördern. Innerhalb des Gazastreifens sollen sie die alleinige Kontrolle haben, dies auch über den Flug- und Seehafen, Luftraum und Hoheitsgewässer. Die Friedenstruppen müssen von Staaten und Staatengruppen gestellt werden, deren politisches Gewicht potentiellen Angreifer*innen hoch genug ist, um vor etwaigen Angriffen abzuschrecken.
2. Ausgleich zwischen Israel und Palästina
Jede weitsichtige und konsequente pro-israelische Politik ist gleichzeitig pro-palästinensisch - und umgekehrt. Beides steht einander nicht entgegen, sondern bedingt einander. Wir wollen menschenwürdige Lebensverhältnisse für alle Menschen im Nahen Osten. Wir sehen die Probleme, die die Anzahl der als rückkehrberechtigt geltenden Flüchtlinge seit der Nakba aufwirft. Es muss auch über eine Auflösung der großen Flüchtlingslager und eine Integration der dort Lebenden in die Nachbarländer verhandelt werden. Der Staat Israel und alle seine Bürger*innen sollen in Freiheit und Sicherheit leben, seine Existenz und seine Grenzen sollen weltweit anerkannt werden. Wir verstehen die Sorge Israels, dass das Land als Ort jüdischer Identität gefährdet sein könnte, wenn der palästinensische Bevölkerungsanteil zunehmend wächst. Ein souveräner, lebensfähiger und demokratischer Staat Palästina soll auf der Grundlage der Grenzen von 1967 entstehen und in die Vereinten Nationen aufgenommen werden. Wir sind aber auch offen für jede andere Friedenslösung, die die israelische und die palästinensische Seite nach freiem Willen miteinander vereinbaren, wie zum Beispiel das Zusammenleben in einer Konföderation. In jedem Fall sollen sich alle Israelis und alle Palästinenser*innen als gleichberechtigte Bürger*innen einer oder mehrerer freiheitlicher Demokratien mit gesicherter Rechtsstaatlichkeit wiederfinden.
Als mit Israel solidarische, für die Politik der Bundesrepublik Deutschland mit verantwortliche Menschen sorgen wir uns um Israel, um seinen inneren Zusammenhalt und um seine Position in der Weltgemeinschaft. Schwindender Rückhalt in westlichen Ländern, wachsende Distanz und Ablehnung in Ländern des Globalen Südens gefährden Israels Ansehen und Handlungsmöglichkeiten. Wir sehen auch die gegenwärtigen Versuche der israelischen Regierung rechtsstaatliche Strukturen abzubauen und die Rechte von Teilen der Bevölkerung einzuschränken. Das fordert uns heraus zu prüfen, wie weit unsere Solidarität mit der jeweiligen israelischen Regierung gehen kann. Finanzielle und militärische Unterstützung wären ggf. einzuschränken.
3. Die Rolle Deutschlands und der EU und der arabischen Staaten Deutschland ist mehr als jeder andere Staat verpflichtet, Frieden zwischen Israel und Palästina zu fördern. Die deutsche Politik hat allerdings in den letzten Jahren zu wenig ihren Einfluss geltend gemacht um die Zweistaatenlösung substantiell voranzubringen. Die EU und die anderen Staaten der westlichen Wertegemeinschaft sowie die arabischen Staaten sind gefordert, den Friedensprozess mit einem großzügig angelegten Wirtschaftsförderungsprogramm für die gesamte Region zu unterstützen.
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